Das Kündigungsschutzgesetz
Das Kündigungsschutzgesetz fordert für die Kündigung einen Grund und zählt die gesetzlich zulässigen Kündigungsgründe abschließend auf. Diese sind: Die betriebsbedingte Kündigung, die personenbedingte Kündigung und die verhaltensbedingte Kündigung. Gilt das Kündigungsschutzgesetz, darf nur aus einem dieser drei Gründe gekündigt werden. Geschützt ist der Arbeitnehmer aber nur, wenn er innerhalb der Klagefrist von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung Klage bei dem zuständigen Arbeitsgericht erhebt. Wird die Frist verpasst, gilt nach § 7 KSchG auch eine Kündigung als wirksam, die vor dem Arbeitsgericht keine Chance gehabt hätte.
Die betriebsbedingte Kündigung
Die betriebsbedingte Kündigung ist der wohl häufigste Fall einer Kündigung nach dem Kündigungsschutzgesetz. Hier muss der Arbeitgeber in vollem Umfang darlegen und beweisen, dass die Kündigung durch die Erfordernisse des Betriebes bedingt ist. Die Klage gegen eine betriebsbedingte Kündigung ist oft erfolgreich, denn die Anforderungen an deren Wirksamkeit sind hoch. Zunächst hat der Arbeitgeber die dringenden betrieblichen Erfordernisse darzulegen, aus denen er kündigt. In Frage kommen ein Wegfall des Arbeitsvolumens, aber auch Umstrukturierungen und die Rationalisierung der Betriebsabläufe. Insbesondere muss der Arbeitgeber im Einzelnen vortragen, warum gerade der Arbeitsplatz des gekündigten Arbeitnehmers weggefallen ist.
Wie genau der Arbeitgeber diese dringenden betrieblichen Erfordernisse darlegen muss, hängt auch davon ab, wie geschickt der Rechtsanwalt des Arbeitnehmers vorträgt. Denn gerade der Kündigungsschutzprozess bietet vielfältige Möglichkeiten, die Beweislast des Gegners zu erhöhen. Werden die bekannten Gründe frühzeitig und wirksam bestritten, muss der Arbeitgeber noch genauer vortragen, als ohnehin schon. Der Arbeitnehmer sollte frühzeitig seinen Fachanwalt für Arbeitsrecht beiziehen und damit nach Möglichkeit nicht warten, bis er die Kündigung erhält. Denn oft zeichnen sich Rationalisierungen, Umstrukturierungen oder sogar eine Betriebsschließung frühzeitig ab. Der Arbeitnehmer hat fast immer eine feine Antenne dafür, ob betriebsbedingte Kündigungen im Raum stehen. Es kann nicht schaden, sich bereits in dieser Phase beraten zu lassen, denn jede Rechtsverteidigung ist umso wirksamer, je früher sie einsetzt.
Die personenbedingte Kündigung
Die personenbedingte Kündigung regelt ebenfalls das Kündigungsschutzgesetz. Die personenbedingte Kündigung wird beispielsweise dann ausgesprochen, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr in der Lage ist, seine Arbeitsleistung zu erbringen. Häufig (aber nicht nur) ist Krankheit dieser Grund. Der Arbeitnehmer muss nicht dauernd erkrankt sein. Auch häufige Kurzerkrankungen können den Arbeitgeber berechtigen, das Arbeitsverhältnis personenbedingt zu kündigen. Der Arbeitgeber hat jedoch die Erkrankung und die hierdurch entstandenen Kosten im Einzelnen vorzutragen und darzulegen, warum ihm die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zuzumuten ist.
Wendet der Arbeitnehmer ein, der Arbeitsplatz als solcher mache ihn krank, kann er einen „leidensgerechten Arbeitsplatz” beanspruchen. Ein leidensgerechter Arbeitsplatz ist ein Arbeitsplatz, an dem auch der kranke Arbeitnehmer ohne Beeinträchtigung seiner Gesundheit und Leistungsfähigkeit weiter arbeiten kann. Steht ein solcher leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung, darf der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht personenbedingt kündigen. Die personenbedingte Kündigung ist besonders schwer durchzusetzen, insbesondere, wenn sich der Arbeitnehmer taktisch klug verhält. Die frühzeitige Einschaltung eines Fachanwaltes für Arbeitsrecht trägt in den meisten Fällen dazu bei, den Arbeitsplatz zu erhalten.
Verhaltensbedingte Kündigung und Abmahnung
Die verhaltensbedingte Kündigung wird vergleichsweise selten ausgesprochen. Fast immer liegt ihr ein böser Streit zugrunde. Denn die mit dem Verhalten des Arbeitnehmers begründete Kündigung, enthält stets einen persönlichen Vorwurf ihm gegenüber. Ist die verhaltensbedingte Kündigung wirksam, wird das Arbeitsamt eine Sperrfrist verhängen. Der Betroffene erhält regelmäßig für drei Monate kein Arbeitslosengeld.
Die verhaltensbedingte Kündigung ist insbesondere begründet, wenn der Arbeitnehmer durch sein Verhalten den Betriebsfrieden stört. Eine Störung des Betriebsfriedens wird angenommen, wenn der Arbeitnehmer beharrlich das Weisungsrecht des Arbeitgebers nicht befolgt. Typische Fälle sind das Zurückweisen bestimmter Arbeiten, ständige Verspätungen, unzeitiges und unangemeldetes Verlassen des Arbeitsplatzes sowie herabsetzende Äußerungen über Vorgesetzte vor versammelter Mannschaft.
Aber die Kündigung ist keine Strafe für vergangenes Tun, sondern eine Prognoseentscheidung. Die erforderliche Prognose lautet: Der Arbeitnehmer wird auch zukünftig gegen seine arbeitsrechtlichen Pflichten verstoßen. Aus diesem Grund muss der Arbeitgeber das beanstandete Verhalten des Arbeitnehmers zunächst abmahnen. Nur wenn der Arbeitnehmer trotz der Abmahnung erneut in gleicher Weise gegen seine Pflichten verstößt ist die Prognose begründet, dass er sich auch zukünftig nicht an seine arbeitsrechtlichen Pflichten halten wird.
Abmahnungen, die der Arbeitgeber ohne fachanwaltliche Hilfe verfasst, sind fast immer unwirksam. Oft wird weder das beanstandete Verhalten genau geschildert, noch der Arbeitnehmer unmissverständlich darauf hingewiesen, dass er im Wiederholungsfalle mit einer verhaltensbedingten Kündigung rechnen muss. Hier sind anspruchsvolle Formen zu wahren und es kommt gerade nicht darauf an, ob das Fehlverhalten des Arbeitnehmers offenkundig ist oder ob dieser es einsieht. Im Klartext: Die auf eine unklare Abmahnung gestützte Kündigung ist unwirksam. Was unklar ist, entscheidet das Arbeitsgericht.
Der Arbeitnehmer muss sich auch bei Erhalt verhaltensbedingten Kündigung unverzüglich arbeitslos melden. Schwierigkeiten mit dem Arbeitsamt sind bei einer verhaltensbedingten Kündigung ohnehin programmiert und erst einmal nicht zu vermeiden. Sie klären sich aber regelmäßig im Nachhinein, denn eine verhaltensbedingte Kündigung ist im Ergebnis nur ausnahmsweise wirksam. Schon deshalb sollten Sie nach Möglichkeit bereits bei Erhalt der ersten Abmahnung einen Fachanwalt für Arbeitsrecht einschalten.
Die Verdachtskündigung
Die Verdachtskündigung ist ein Unterfall der verhaltensbedingten Kündigung. Die Besonderheit: Der Arbeitgeber muss das zur Kündigung führende Verhalten des Arbeitnehmers nicht beweisen. Unter folgenden Voraussetzungen ist die Verdachtskündigung zulässig:
- Der Arbeitgeber muss einen objektiv auf Tatsachen gegründeten Verdacht haben, dass der Arbeitnehmer eine schwere Pflichtverletzung begangen hat. Beispiel: Im Verantwortungsbereich eines Mitarbeiters verschwinden häufig und in großem Umfang Waren, und zwar immer nur dann, wenn er zum Dienst eingeteilt ist.
- Der Verdacht muss dringend sein. Er ist dringend, wenn eine größere oder sogar überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Arbeitnehmer die ihm vorgeworfene Pflichtwidrigkeit begangen hat. Diese Wahrscheinlichkeit ist unabhängig von einem evtl. anhängigen Ermittlungs- oder Strafverfahren. Das Ergebnis eines solchen Verfahrens ist für das Arbeitsgericht nicht bindend.
- Der Arbeitnehmer muss einer besonders schwerwiegenden Vertragsverletzung, regelmäßig einer das Arbeitsverhältnis betreffenden Straftat dringend verdächtig Die Vertragsverletzung muss so schwer wiegen, dass sie im Fall ihrer Beweisbarkeit die angestrebte Kündigung rechtfertigt.
- Der Arbeitgeber muss alles ihm nur Mögliche unternehmen, um den Sachverhalt aufzuklären. Vor allem muss er den verdächtigen Arbeitnehmer vor Ausspruch der Kündigung zu dem aufgekommenen Verdacht hören. Die Anhörung ist nur ordnungsgemäß, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen konkreten Sachverhalt vorwirft, zu dem dieser im Einzelnen Stellung nehmen kann.
Auch gegen die Verdachtskündigung muss man sich unbedingt im Wege der Kündigungsschutzklage wehren. Die Chancen sind gut, denn die Mehrzahl der Kündigungen ist bereits wegen formaler Mängel des Anhörungsverfahrens unwirksam. Wer aber die Klageeinlegung versäumt, erhält regelmäßig eine Sperrfrist. Denn die Agenturen für Arbeit gehen bei einer nicht angegriffenen Verdachtskündigung davon aus, dass der Arbeitnehmer den Verlust seines Arbeitsplatzes selbst zu verantworten hat. Vor dem Sozialgericht wird es ihm kaum gelingen, etwas anderes zu beweisen.
Die außerordentliche, fristlose Kündigung
Die außerordentliche, fristlose Kündigung entspricht der verhaltensbedingten Kündigung. Die Anforderungen sind allerdings noch höher. Der Grund: Die fristlose Kündigung ist nur dann zulässig, wenn es dem Arbeitgeber unter keinen Umständen zuzumuten ist, das Arbeitsverhältnis auch nur einen Tag länger bestehen zu lassen. Es hat eine Abwägung stattzufinden, bei der auch die Interessen des gekündigten Arbeitnehmers zu berücksichtigen sind. Diese wiegen schwer, denn der Arbeitnehmer verliert seine Erwerbstätigkeit von einem Moment auf den anderen. Deshalb halten die Gerichte fristlose Kündigungen nur selten für zulässig, außer es liegt eine Straftat vor. Hart gegenüber dem Arbeitnehmer ist die Rechtsprechung vor allem bei Eigentumsdelikten wie Diebstahl und Betrug.
Trotzdem: Die Klage ist in jedem Fall erforderlich, ob der Betroffene sein Fehlverhalten nun einsieht oder nicht. Denn unter anderem führt die außerordentliche fristlose Kündigung auch zu einer sofortigen Sperrfrist. Das Arbeitsamt geht hier davon aus, dass der Arbeitnehmer am Verlust seines Arbeitsplatzes selbst Schuld ist. Gerade bei der fristlosen Kündigung kommt es auf die Tatsachen an, und zwar auf jede Einzelheit. Diese Einzelheiten werden je nach Darstellung auch unterschiedlich bewertet. Die Anforderungen an eine fristlose Kündigung sind derart hoch, dass sich im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens regelmäßig eine ordentliche Kündigung erreichen lässt. So entfällt auch die sonst übliche Sperrfrist. Wer gegen eine außerordentliche fristlose Kündigung nicht klagt, begeht einen schweren Fehler.
Die Änderungskündigung
Auch die Änderungskündigung ist eine echte Kündigung des bislang bestehenden Arbeitsverhältnisses. Gleichzeitig mit dieser Kündigung wird dem Arbeitnehmer angeboten, zu geänderten Bedingungen (z. B. weniger Stunden, anderer Arbeitsort, neues Tätigkeitsfeld) weiter zu arbeiten. Oft wird der Arbeitnehmer gedrängt, die geänderten Arbeitsbedingungen sofort zu unterschreiben um den Ausspruch einer Beendigungskündigung zu vermeiden. Man sollte darauf nicht eingehen. Grundsätzlich ist niemand verpflichtet, irgendetwas zu unterschreiben. Innerhalb von drei Wochen sollte man sich aber entschieden haben, ob man das geänderte Arbeitsangebot annehmen will, oder aber nicht. Es gibt vier Möglichkeiten, mit der Änderungskündigung umzugehen:
- Unternimmt der Arbeitnehmer nichts, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der Kündigungsfrist. Außerdem kann das Arbeitsamt eine Sperrfrist verhängen. Dies ist die schlechteste Möglichkeit.
- Der Arbeitnehmer kann die geänderten Bedingungen annehmen. Dann wird das Arbeitsverhältnis zu den neuen Bedingungen fortgesetzt. Oft werden die Stundenzahl und das Einkommen reduziert. Aber der Arbeitnehmer behält seinen Arbeitsplatz, wenigstens vorläufig.
- Der Betroffene kann das Änderungsangebot ablehnen. Dann wird die Änderungskündigung zu einer Beendigungskündigung. Gegen diese Kündigung kann sich der betroffene Arbeitnehmer mit der Kündigungsschutzklage wehren. Gewinnt er das Verfahren, ändert sich nichts. Verliert er, ist er arbeitslos. Dieses Risiko sollte der Arbeitnehmer nur eingehen, wenn die neuen Arbeitsbedingungen völlig unzumutbar sind.
- Die effizienteste Möglichkeit ist folgende: Der Arbeitnehmer nimmt die geänderten Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt an, dass die Kündigung nicht sozialwidrig ist. Diese Frage der Sozialwidrigkeit wird dann im Wege der Kündigungsschutzklage geklärt. Ist die Änderungskündigung nicht gerechtfertigt, bleiben die alten Arbeitsbedingungen bestehen. Anderenfalls behält der Gekündigte sein Arbeitsverhältnis zu den geänderten Bedingungen. Das so geminderte Risiko führt zu einer entspannten Prozesssituation und steigert die Erfolgsaussichten erheblich.